Warum ich die Elbe der Alster immer vorziehe

Zum Glück sind Gewässer keine Kinder – und Spaziergänger an selbigen nicht dessen Mütter oder Väter. Sonst müsste ich nämlich gestehen, dass ich eins von den beiden Wasserkindern hier in Hamburg ganz eindeutig lieber habe. Und das mit Grund. Lest selbst:

In der Großen Elbstraße gibt es ein Bürogebäude, an dem ganz oben ein großes Werbebanner hängt. Thema: Büroraumvermietung. Der Spruch auf dem Banner: „Alsterwasser ist was für Weicheier“. Und ja, ich zeige euch bewusst kein Foto davon, denn ich mache hier nicht für eine Immobilienfirma Werbung. 😉 Aber den Spruch an sich finde ich gut, der zaubert mir jedes Mal wieder ein Lächeln ins Gesicht. Denn ich stimme ihm aus vollstem Herzen zu.

Mal ehrlich: was soll dieser ganze Hype um die Alster? Klar, es ist mal ganz nett, draufzugucken, wenn man mit der S-Bahn unterwegs ist oder mit dem Auto vorbeifährt. Die Fontäne auf der Binnenalster ist ja immer wieder ein schöner Anblick. So mit Häuserfassade vom Jungfernstieg im Hintergrund. Im Winter dann halt der riesige Weihnachtsbaum statt Fontäne. Alles schon recht hübsch. Oder die Segelboote auf der Außenalster im Sommer. Oder die schattigen Plätze am Fluss … äh … Flüsschen selbst. Aber an und für sich langweilt mich der Blick auf die Alster inzwischen. Er ist mir halt zu gefällig, zu glatt, zu harmlos. Die Elbe hingegen hat Ecken und Kanten, die wälzt sich, hat Kraft, ist unbequem. Selbst bei bestem Wetter. Wenn ich in die Alster gucke, passiert nix. Gucke ich aber in die Elbe, dann guckt die Elbe irgendwann zurück. Sie arbeitet mit einem, fordert, bohrt. Die Alster ist einfach nur da. Hübsch, dekorativ, harmlos.

Jogger ist nicht gleich Jogger

Ich gehe auch nicht gerne an der Alster spazieren. Die Jogger da sind nicht nur mehr, sondern auch nerviger als an der Elbe. Oft habe ich das Gefühl, dass an der Alster einfach nur die neuste Joggermode ausgeführt wird. Und dann all die Hipster und Modepüppchen, die da entlangstöckeln! Das ist mir zu viel gelebtes Klischee! Vor allem die Möchtegernbarbies würde ich am liebsten einfach nur mal für ne Stunde in den Elbwind stellen. Für mehr Natürlichkeit im Leben.

Außerdem ist mir die Laune an der Alster zu gut. Oder nein, nicht zu gut. Eher zu gekünstelt. Bussi hier, Lächeln da. Man repräsentiert sich. An der Elbe wird einfach nur geatmet. Und manchmal halt geflucht. Selbst die Hipster und Prosecco-Schnallen, die tagsüber die Strandperle am Elbstrand bevölkern sind im Vergleich zu den Alstergängern die Natürlichkeit in Person.

Die Elbe ist dein Kumpel

Und überhaupt, an die Alster kann man eigentlich nur, wenn man extrem gute Laune hat. Sinnkrisen, Melancholie und sämtliche anderen abseitigen Gefühle, die vom Leben angedunkelt sind, passen hier nicht her. Selbst bei Regen ist die Alster noch zu freundlich, zu glatt und zu hell. Die Elbe hingegen nimmt auch bei strahlendem Sonnenschein schlechte Emotionen auf, arbeitet mit ihnen und gibt dem Fühlenden irgendetwas zurück. Die Elbe kann dein bester Freund sein, der Alster hingegen würde ich keine Geheimnisse anvertrauen wollen.

Zugegeben, das ist jetzt Alster-Bashing pur. Und natürlich alles andere als fair. Und schon gar nicht objektiv, weil an einigen Stellen maßlos übertrieben. Aber was erwartet ihr? Ich bin halt eine Elbgängerin aus Leidenschaft. 😉 Und es ist ja jetzt nicht so, als würde ich die Alster gar nicht mögen. Als Alsterwasser im Glas ist sie mir vor allem an heißen Sommertagen immer höchst willkommen. 😉

6 Kommentare Gib deinen ab

  1. krimiblog sagt:

    Ja, das kann ich alles sehr gut nachvollziehen und ja, die Elbe ist ehrlicher. Aber damit die Alster nicht ganz so schlecht davon kommt, ein Vorschlag von mir: Wir treffen uns im Sommer (es muss Sommer sein!) an einem Sonntag ganz, ganz früh an der Alster (so gegen sechs Uhr). Da ist sie in meinen Augen wirklich anders als sonst. 😉

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    1. Elbgängerin sagt:

      *lach* Okay, dann haben wir im Sommer wohl eine Verabredung! 😄

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  2. Christiane sagt:

    Ich mag die Stimmungen an der Alster auch, je weniger Leute dort unterwegs sind, umso mehr. Und ja, das geht schon. Für alles andere aber gehe ich an die Elbe. Denn der Satz ist groß: „Gucke ich aber in die Elbe, dann guckt die Elbe irgendwann zurück.“ So ist das.
    Liebe Grüße
    Christiane

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    1. Elbgängerin sagt:

      Okay, dann muss ich der Alster wohl noch mal eine Chance geben. Gaaaanz früh am Morgen. Im Sommer. Und der große Satz ist nur ne Adaption von nem Nietzsche-Zitat. Bei ihm war es aber nicht die Elbe, sondern der Abgrund. Ich meinte das aber positiv. 😉

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      1. Christiane sagt:

        Ich habe dein Zitat auch als sehr positiv verstanden, egal, ob du dich jetzt bei Herrn N. angelehnt hast oder nicht. 😉

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